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19.09.2015

35 Jahre Grüne und Unabhängige in Reutlingen

15-09-18_G+U

Bei den Kommunalwahlen 1980 zog zum ersten Mal ein Grüner und Unabhängiger in den Reutlinger Stadtrat ein. Jetzt wurde zwei Tage lang der 35. Geburtstag gefeiert. Es gab Kabarett, gutes Essen, ein Talk mit Journalisten, eine Ausstellung, viele gute Gespräche, eine kurze Einlage von meinem Fraktionskollegen Harald Ebener und natürlich durften auch Grußworte nicht fehlen. Selbstverständlich habe auch ich offiziell gratuliert.

Liebe Grünen und Unabhängigen, liebe Gäste,

ich gratuliere ganz herzlich zum 35. Geburtstag und freue mich sehr, dass ich heute ein Grußwort halten darf.

Anfangs wurdet ihr – wie wir – die grüne Partei auch – häufig als „Spinner“, „Hippies“ und „Emanzen“ bezeichnet – tatsächlich aber habt ihr seit 35 Jahren die kommunale Politik in Reutlingen visionär, kritisch und grün geprägt. „Atomkraft? Nein Danke!“ – „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt“ – aber auch „Die Hälfte der Macht den Frauen“ – damit hat auch eurer kommunalpolitisches Engagement begonnen. Und dafür stehen wir alle – auch noch heute.
1980 habt ihr gleich bei der ersten Kommunalwahl ein Sitz im Gemeinderat gewonnen. Das war der Start für eure Erfolgsgeschichte. Ihr habt euch konsequent gegen das geplante Atomkraftwerk in Mittelstadt gestellt. Die Gleichstellung von Frauen und Männer habt ihr nicht nur gefordert – sondern auch gelebt. Neben einem klaren politischen Profil seid ihr mit dem Kommunalen Arbeitskreis von Anfang an neue Wege gegangen. Transparenz und Mitsprachemöglichkeit – unabhängig von Mandaten – das ist euer Politikverständnis, das ihr bis heute pflegt und das auch zu euch passt.

Allen Unkenrufen zum Trotz konntet ihr vier Jahre später euer Wahlergebnis nicht nur vervierfachen, sondern auch eine Frau in den Stadtrat schicken. Und wie hat Mahatma Gandhi einst gesagt: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du!“ Heute ist die Fraktion mit 7 Sitzen, – 4 Frauen und 3 Männer – stärker als je zuvor.

Wer die Grünen und Unabhängigen wählt, bekommt auch, was versprochen wurde – damals wie heute. Natur-, Umwelt und Klimaschutz. Tempo 30 und heute Mobilitätskonzepte und natürlich das unermüdliche Werben für die Regionalstadtbahn. Die Forderung nach einer Gleichstellungsbeauftragten – Unterstützung für das Frauenhaus, für Mädchenprojekte – und für all diejenigen, die in den Rissen unserer Gesellschaft leben. Gute Bildung und der stetige Ausbau der Kinderbetreuung, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch mit Leben gefüllt wird. Und dies alles – garniert mit viel Kultur und verbunden mit Nachhaltigkeit bei den Finanzen. Kurzum – eine konsequente, nachhaltige, ökologische und soziale Kommunalpolitik.

Ihr habt schon viel bewegt und ihr habt noch viel vor. Meine Unterstützung ist euch dabei sicher!
Und wie wichtig eine gemeinsame grüne Politik von Bund, Land und Kommunen ist, zeigen die Bilder der vielen Flüchtlinge. Die schreckliche Situation an den Außengrenzen von Europa gehen unter die Haut. Die Antwort hier bei uns – die Willkommenskultur, die Spenden und die vielen Menschen, die anpacken – ist großartig und ich danke allen Engagierten.

Aber jetzt wird in Berlin von der Bundesregierung eine Reihe von unsäglichen Änderungen in der Flüchtlingspolitik diskutiert – beispielsweise, dass alle, die unter die Dublin-Verordnung fallen – nur noch eine Reisebeihilfe – also eine Fahrkarte und Reiseproviant erhalten sollen. Das würde die Situation von Flüchtlingen in unerträglicher Weise verschärfen. Solch eine Abschottung funktioniert auch nicht, denn die Menschen kommen nicht wegen Sozialleistungen. Sie flüchten aus Perspektivlosigkeit – vor Krieg oder Verfolgung. Das Asylrecht darf nicht zum Abschieberecht werden – es ist und bleibt ein Grundrecht – ein Menschenrecht.

Der Bundesinnenminister sollte nicht ständig neue Grausamkeiten auf den Verhandlungstisch packen, sondern die Solidarität von Europa einfordern und ebenso schnellere Verfahren auf den Weg bringen. Vor allem brauchen die Länder und insbesondere die Kommunen wirksame Entlastungen. Die in Aussicht gestellten 3 Mrd. € der Bundesregierung reichen aber nicht aus. Notwendig sind strukturelle, langfristige Lösungen. Die Geflüchteten brauchen eine gute Gesundheitsversorgung (Stichwort: Gesundheitskarte), angemessenen Wohnraum (Stichwort: Sozialer Wohnungsbau) und vor allem Integrationsangebote (Stichwort: Deutschkurse).
Wir Grünen müssen gemeinsam an einem Strang ziehen, damit ihr – hier vor Ort – menschenwürdige Bedingungen schaffen könnt – für die Flüchtlinge und um die enorme Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten.

Für diese und für die vielen anderen Aufgaben wünsche ich euch weiterhin viel Kraft, einen langen Atem und viel Erfolg, aber auch mutige Ideen und viele engagierte Mitstreiter*innen.

Wie schon gesagt – meine Unterstützung ist euch sicher!

 

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