Über 800 Menschen kamen auf den Marktplatz in Reutlingen, um Robert Habeck zu sehen und zu hören. Und es hat sich gelohnt. Der grüne Parteivorsitzende machte einen großen Bogen quer durch die Themen des Wahlkampfs. Und er hat auch den Wahlkampf selbst zum Thema gemacht. „Bisher hat der Wahlkampf nicht zur Wirklichkeit gepasst.“ Es ging um Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, um Afghanistan und um Freiheit. Für diese Rede ohne Manuskript hat er viel Beifall bekommen.
Bisher gibt es keinen wirklichen Streit um die richtigen Antworten auf wichtige Fragen – etwa bei der Klimakrise. Politik im Wahlkampfmodus scheint Angst zu haben, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen und ehrliche Antworten zu geben. Dabei ist die Gesellschaft längst bereit, auch unbequeme Entscheidungen mitzutragen, wenn sie wirklich durchdacht, diskutiert und abgestimmt wurden. Verdruss, so Habeck, entstehe nur dann, wenn das Gefühl herrscht, man bekomme etwas ungefragt vorgesetzt.
Habeck kritisierte die Antwortlosigkeit Deutschlands und damit der Bundesregierung auf die aktuelle Lage in Afghanistan. Die Bundesregierung hat hier versagt, ihr Bundesaußenminister Maas hat nicht einmal die Berichte seines eigenen Konsulats zur Kenntnis genommen. Habecks Einschätzung: „Da wird fehlende Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit sehr konkret. Man hätte es besser wissen müssen.“
Das gleiche gilt, wenn es um die Klimakrise geht. Nicht zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verlangt von der Politik, bei den Klimazielen konkreter zu werden und nach zu schärfen. Doch die Bundesregierung bleibt weiterhin viel zu zaghaft. Dabei sind die nächsten 10 bis 15 Jahre entscheidend dafür, ob wir uns die Chance erhalten, die Pariser Klimaziele einzuhalten und auf den 1,5 Grad Pfad zu kommen. Deutschland muss viel schneller raus aus der Kohle. Dass hier gezögert wird, zeigt nur auf, wie sich die Bundesregierung vor unbequemen Debatten wegduckt. Habeck sagt dazu: „Antwortlosigkeit führt zu Verantwortungslosigkeit.“ Und dieser Zustand in der deutschen Politik kann und darf nicht länger hingenommen werden.
Robert Habeck machte auch den großen Bogen zur sozialen Gerechtigkeit. Denn die ökologische Transformation unserer Wirtschaft kann nur gelingen, wenn sie auch sozial abgefedert wird. Und statt nur darüber zu diskutieren, ob wir uns das Fliegen, Autofahren und die 12. Bratwurst in der Klimakrise noch erlauben dürfen, sollten wir endlich mal darüber diskutieren, dass wir faire und höhere Mindestlöhne brauchen oder darüber, wie wir Harz IV überwinden und endlich eine faire und armutsfeste Grundsicherung schaffen.
Es war eine rundum gelungene Veranstaltung mit toller Atmosphäre. Ich freue mich sehr, dass Robert in Reutlingen war. Schön, dass auch Chris Kühn aus Tübingen mit dabei war und natürlich auch Cindy Holmberg und Thomas Poreski. Danke an die vielen tollen Helfer:innen, die diesen Tag erst ermöglicht haben.