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26.07.2022

Albtour 2022 – Tag 6

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Tag sechs meiner Tour de Alb begann karnevalesk. Wir besuchten Markus Heinzelmann in Steinhilben, der Fasnet-Masken schnitzt. Von dort ging es weiter nach Trochtelfingen, wo die Landtagsabgeordnete Petra Krebs zu uns stieß. Zusammen besuchten wir Heide Niedermeier und ihre Frauen, die zusammen seit Jahrzehnten Geflüchteten, Kindern und Obdachlosen helfen. Und zu guter Letzt erzählte uns Friedemann Salzer vom PORT in Bernloch, warum sein Gesundheitszentrum mit seiner Vielfalt einmalig in Deutschland ist.

Markus Heinzelmann ist ein echter Künstler. Seit er 15 Jahre alt ist, schnitzt der Mann aus Lindenholz Masken für die Narren-Zünfte auf der Alb. Gelernt hat er diese Tradition von seinem Vater. Da gucken Bären, Esel und Waschweiber von seinen Wänden, die Trochtelfinger Hexe lacht hämisch, ein altes Weiblein, die Putzel, kichert und der Pflumesack grinst ganz breit. Ehefrau Maria Heinzelmann gibt den Masken mit ihren Pinseln die bunten Farben. Und manchmal bekommen sie auch noch Haare aus Pferdehaar, das an die Masken angenäht wird. Rund acht bis zehn Stunden dauert es bis eine Maske geschnitzt ist.

Ich probiere eine Hexe und ein Esel aus und bin erstaunt, wie schwer solch eine Maske doch ist. Vom Balkon in die Menge springen, wie es so manche Hexe zur Fasnet tut, könnte ich damit bestimmt nicht. Bei Heinzelmann gibt es „für jeden Narren sei Kapp“. Da ist zum Beispiel auch das Teufelchen aus dem Lautertal. Das Fischchen auf seiner Nase kann per Schlauch mit einer Wasserpistole verbunden werden. Und so kann die Begegnung mit dem Teufelchen in der Fasnetzeit eine ganz schön feuchte Angelegenheit werden.

In Trochtelfingen treffen wir bei der Kirche die 80-jährige Heide Niedermeier und ihre Frauen. Die häkeln, stricken und nähen schon seit Jahrzehnten für Menschen, die Hilfe brauchen. 2015 konzentrierte sich die Hilfe auf die vielen Geflüchteten, die nach Deutschland kamen. Damals entstand auch im alten Pfarrhaus hinter der Kirche der Treffpunkt, erzählt Niedermeiers Tochter Marion Kuhn. Hier sammeln sie all die Kleiderspenden, die sie aus der Bevölkerung bekommen. Hier werden aber auch die Hygienebeutel gefüllt, die die Frauen nähen und mit Zahnpasta und –bürste, einem Seifenstückchen, einem Handtuch, Socken und selbstgenähten Boxer-Shorts befüllen. Für den Winter stricken sie und andere Frauen auf der Alb und in Reutlingen Mützen und Socken. Und nach einer großen Spende Buntstifte wurden flugs Stiftmäppchen genäht für die Kinder.

Nachdem die Flüchtlingsbewegung abnahm, stießen Niedermeier und ihre Frauen per Zufall über einen Zeitungsartikel auf Belinda Kalender. Sie sammelt seit Jahren Hilfsgüter und bringt sie nach Griechenland, Calais oder andere Ränder Europas. Seit die Frauen zueinander gefunden haben, kommen die selbstgenähten Hygienebeutel auch in Athen und Umgebung bei Geflüchteten an. Die selbstgenähten Boxer-Shorts wecken bei vielen jungen Männern Erinnerungen an die Mutter oder Großmutter, erzählt Kalender. Sie sehen, dass die Beutelchen selbstgenäht sind. Und das tut gut, denn sie merken, da denkt jemand an uns. Sie werden gesehen.

Die 5000-Seelen-Gemeinde Hohenstein mit ihren fünf Ortschaften auf der Alb hat seit zweieinhalb Jahren ein Gesundheitszeitrum. Das Patientenorientierte Zentrum zur Primär- und Langzeitversorgung, oder auch PORT Gesundheitszentrum liegt am Rande von Bernloch und bietet den Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung eine Rundumversorgung, wenn es um Gesundheit geht. Friedemann Salzer, der als Leiter der Kreiskliniken hierher gewechselt ist und nun Projektkoordinator des Zentrums ist, führt uns vom Physio-Bereich zum Medizinischen Versorgungszentrum der drei Allgemeinmediziner, von der Hebammenpraxis zum Büro von Elisabeth Reyhing, die die Gesundheitslotsin vor Ort ist. Reyhing nimmt sich die Zeit zuzuhören und zu helfen, wenn es um gesundheitliche Fragen geht. Dafür kommt die gelernte Anästhesieschwester auch zu den Menschen nach Hause und spricht mit ihnen oder unterstützt sie bei Formularen, Briefen oder Patientenverfügungen.

Doch das ist längst noch nicht das gesamte Spektrum des Zentrums. Hier arbeitet auch noch ein Kinderarzt, es gibt eine orthopädische Praxis und einen Pflegestützpunkt, wo Beratung rund um die Pflege angeboten wird, und eine interdisziplinäre Frühförderstelle für Kinder bietet Beratung und Unterstützung bei Entwicklungsschwierigkeiten. Außerdem finden regelmäßig Vorträge und Themenabende zu Prävention und Gesundheitsförderung statt. „So ein vielfältiges Port-Zentrum wie unseres gibt es nirgendwo in Deutschland“, meint Salzer stolz.