Am zweiten Tag der Albtour waren wir nur in der Gemeinde St. Johann unterwegs. Zunächst besuchten wir Flomax in Gächingen, wo seit 1995 Naturmode aus Wolle hergestellt wird. Anschließend schauten wir bei der Firma Frankenstein Präzisionstechnik in Würtingen vorbei und lernten eine Frau mit viel Mut kennen. Weiter ging es zu den Eseln von Andreas Werz, wo alle zur Ruhe kamen. Und zu guter Letzt besuchten wir noch die Tochi-Produktion in Gächingen.
Florian und Maximilian heißen die beiden Söhne von Veronika Kraiser – und so entstand der Name ihrer Naturmoden Firma Flomax, die sie vor fast 30 Jahren gründete. Damals wurden auf 100 Quadratmetern bunte Schafwollpullover entworfen oder Mäntel aus gewalkter Wolle. Seit vier Jahren gibt es eine neue Produktionshalle, und wenn Kraiser früher noch mit einer Lohnstrickerei zusammengearbeitet hat, stehen heute fünf hochmoderne Strickmaschinen in dieser Halle, wo alles gestrickt wird, was Flomax ausmacht. 40 Mitarbeiter:innen helfen bei der Produktion der Strickwaren, die meisten von ihnen sind Näherinnen, fast alle arbeiten in Teilzeit. Entworfen werden die Muster der Stoffe von Mutter Kraiser, die Strickmaschinen programmiert dann Sohn Maximilian, und dann stricken diese Maschinen höchst filigrane Muster wie etwa Gräser und Getreidehalme in Wollstoffe. Die werden anschließend in eigenem Regenwasser gewaschen und verlieren so rund 10 Prozent ihrer vorherigen Größe. So bleiben die Stoffe formbeständig. Ich verliebe mich in ein sehr formbeständiges Jäckchen in Anthrazit. Und auch so einige aus meinem Team haben zumindest mal anprobiert, wie sich so eine Flomax-Jacke trägt.
Katja Sator, geborene Frankenstein, ist tough. Die Geschäftsführerin der Firma Frankenstein Präzisionstechnik treffen wir in ihrem Betrieb in Würtingen, und Bürgermeister Florian Bauer kommt auch vorbei. Ursprünglich vor gut 40 Jahren von der Mutter in einer Garage gegründet, wurde die Firma später vom Vater übernommen. Und heute ist die Tochter die Chefin. Bei ihr wird im µ-Bereich gearbeitet, also im Tausendstel-Millimeter-Bereich. Ventilkörper, Kolbenbuchsen oder Sinterbuchsen werden hier präzise nachbearbeitet. Bisher hauptsächlich für den Automotive-Bereich oder die Hydraulik. Das eine Frau das managed, ist vielen nicht ganz geheuer. Noch heute passiert es, dass Sator von Geschäftspartnern beim ersten Treffen gefragt wird, und wann kommt der Chef? Sie sagt dann: „Die steht seit zehn Minuten vor ihnen.“ 57 Mitarbeiter:innen hat sie inzwischen. Ihre Firma ist ein klassischer Familienbetrieb. Die Gehälter sind zwar nicht so dicke, wie bei Bosch oder VW, aber dafür stimmt das Arbeitsklima. Alle drei Monate gibt’s ein Teamevent nur für die Mitarbeiter:innen, das sie sich selbst aussuchen – das reicht vom Paintball-Spielen über Bowling bis hin zum Grillabend. Und es gibt auch firmeninterne Werte. Verantwortung, Teamgeist, Aufrichtigkeit, Wertschätzung – und Mut, der steht da ganz vorn.
Bei Andreas Werz auf den Wiesen seiner Eselzucht hinterm Sportplatz Würtingen können wir uns entspannen. Sechs Fohlen, die dazugehörigen Mütter und ein Hengst lassen sich von uns streicheln. Die Stuten sind mit drei bis vier Jahren ausgewachsen und erst dann lässt Werz sie mit einem Hengst zusammen. Alt werden können sie bis zu 30 oder 40 Jahre. Die Geburt der Fohlen ereignet sich oft nach elf, zwölf oder auch erst nach 14 Monaten. Esel sind da nicht stur, sondern nur vorsichtig. Stuten verschieben daher oft den Geburtstermin, bis sie sich wohlfühlen und es ihnen passt. Esel langweilen sich nicht gern. Deshalb müssen sie auch immer mindestens zu zweit sein. Und sie lieben den Kontakt zu anderen, auch zu Menschen. Das ist zu spüren. Ich könnte stundenlang mit diesen Eseln im Gras sitzen.
Cordula Wagner, die ehemalige Änderungsschneiderin hat sich mit ihrer Tochi-Produktion eine kleine Nähwerkstatt aufgebaut, in der sie aus alten Pelzen oder gebrauchten Lederjacken Taschen fertigt oder aus alten Tischdecken Mieder für Dirndl. Mit einer Angestellten näht Wagner in einem kleinen Arbeitszimmer im Wohnhaus ihrer Familie aber auch Auftragsarbeiten.