In Cherson in der Ukraine jagen russische Truppen gezielt Menschen mit Drohnen. Seit vergangenem Sommer werden immer mehr Unschuldige durch diese brutale Strategie getötet. Die US-amerikanische Journalistin Zarina Zabrisky hat selbst erlebt, wie es sich anfühlt, gejagt zu werden. Im Bundestag berichtete sie von dieser „Human Safari“, wie es in Cherson genannt wird. Gemeinsam mit meinem Kollegen Toni Hofreiter habe ich sie und die Wissenschaftlerin Julia Friedrich vom Global Public Policy Institute eingeladen, um über die aktuelle Lage in der Ukraine zu informieren.
Zarina habe ich während meiner zweiten Reise in die Ukraine kennengelernt. In Cherson, nur 1,5 Kilometer von der Frontlinie entfernt, wo sie seit 2022 lebt und arbeitet, sind heute noch rund 66.000 Menschen geblieben – früher waren es 300.000. Zwischen August und Dezember 2023 attackierten rund 12.000 Drohnen die Stadt. 76 Menschen wurden getötet, fast 800 verletzt. Im Januar 2024 gab es bereits knapp 120 Verletzte durch Drohnenangriffe. Viele verlieren Arme oder Beine oder haben schwere Kopfverletzungen.
Die Drohnen jagen gezielt Zivilist:innen. Mal töten sie einen alten Mann, der spazieren gehen wollte, dann fallen Sprengladungen auf Bushaltestellen oder treffen ein Feuerwehrauto im Einsatz. Videos dieser „Human Safaris“ verbreiten russische Kanäle stolz im Internet. Gezielte Drohnenangriffe auf Zivilisten sind nach der Genfer Konvention und dem Römischen Statut eindeutig Kriegsverbrechen.
Julia Friedrich vom GPPI hat Interviews mit Menschen in ehemals russisch besetzten Gebieten geführt. Russland annektiert diese Regionen sofort nach der Besetzung. Bewohner:innen wurden gezwungen, russische Pässe zu beantragen – teils im Tausch gegen Alkohol, teils als einzige Möglichkeit, medizinische Versorgung zu erhalten. Leben unter russischer Besatzung bedeutet Angst und Unsicherheit. Je länger es dauert, desto schwerer wird die Rückkehr in ein normales Leben. In Cherson ist der Tod zur Normalität geworden. Zarina Zabrisky weiß an vielen Straßenecke, wer hier in den letzten drei Jahren gestorben ist. Währenddessen werden in Rostow am Don die Piloten ausgebildet, die diese Todesdrohnen aus der Ferne steuern. Für die russische Regierung ist diese Strategie wirtschaftlich effizient: Eine Drohne ist weitaus günstiger als eine Rakete.
Diese gezielte Menschenjagd mit Drohnen muss als Kriegsverbrechen verfolgt werden, fordert Zarina Zabrisky. Denn diese Politik der russischen Regierung ist nichts anderes als Terrorismus.