Der erste Tag meiner inzwischen 14. Albtour startete akademisch. Wir besuchten die Versuchsstation Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim, und die ist in den Lindenhöfen in Eningen untergebracht. Dort werden Schafrassen gekreuzt, Getreide wird auf seine Kälteresistenz hin untersucht. Aus Pflanzen werden Nylonfäden und Plastik hergestellt. Das alles ist im Versuchsstadion, aber hochspannend. Weiter ging es zu den Yaks auf dem Göllesberg. Und danach besuchten wir noch Peter Stütz und seine Bambusräder in Ohnastetten.
Meine inzwischen 14. Albtour startete diesmal coronabedingt in sehr kleinem Kreise. Denn zwei meiner treusten Mitradler:innen sitzen derzeit mitsamt Omikron in der Quarantäne und können leider nicht mitfahren. Sie fehlen uns nicht nur als Mitradler:innen, sondern sie fehlen als Simone und Christian.
Erste Station war der Untere Lindenhof, wo die Universität Hohenheim einen großen Landwirtschaftlichen Betrieb unterhält. Zu Beginn hat uns Dr. Hans Oechsner die Forschungsbiogasanlage und den Neubau einer Bio-LNG-Anlage verständlich erläutert. Anschließend erzählte Alexander Hauser, der Betriebsleiter der beiden Lindenhöfe: Gras enthält Proteine, allerdings können Tiere, die keine Wiederkäuer sind, die nicht nutzen. Deshalb, so zeigen uns Hausers wissenschaftliche Kollegen, wird der Grünschnitt gepresst, der proteinhaltige Saft wird zu einer Paste verarbeitet – und zu guter Letzt wird diese Graspaste dann vakuumgetrocknet. Und so gelangen die Grasproteine als Futterzusatz bei den Schweinen und Hühner auf dem Hof – Sojafutter aus dem fernen brasilianischen Regenwald wird so endlich zum Auslaufmodell. Im gleichen Labor wird aus der zuckerhaltigen Wurzel des Chicoree nach vielen verschiedenen, recht komplizierten Verfahren der Stoff HMF, oder im Chemikerlatein auch: Hydromethylfurfural. Daraus lässt sich, ganz ohne auf Erdöl zurückzugreifen, Plastik machen. Eine Pet-Flasche etwa, oder auch Polyesterfasern.
Zwischen dem Unteren und dem Oberen Lindenhof liegt für uns der Alb-Aufstieg. Aber mit den E-Bikes meistern wir den mit Links. Oben packen wir dann unseren mitgebrachten Imbiss unter Bäumen aus und machen eine kleine Mittagspause. Und dann geht es schon weiter auf die Getreideversuchsfelder, wo Sorten daraufhin untersucht werden, wie sie ertragsstärker werden können oder wie tolerant sie gegenüber der Kälte hier oben auf der Alb sind.
Für die Schafe auf den Wiesen sorgt Ottmar Leyrer. Er beaufsichtigt die Weidemastversuche, bei denen geschaut wird, welche Schafsorten besonders gut für karge Böden wie die Wacholderheiden auf der Alb geeignet sind, und welche eher gute Böden brauchen. Und ein Stück weiter draußen kümmert sich die Doktorantin Ellena Magenau um die Miscanthus Felder. Das nach Europa eingeschleppte Ziergras ist sehr anspruchslos und wächst ohne viel Zutun fast überall gut, egal ob auf wasserarmen Böden oder kontaminierten Flächen. Das Gras, das auch Chinaschilf genannt wird, ist als Biomasse äußerst vielseitig verwendbar. Oft dient es der Wärmegewinnung, Pferdeliebhaber schätzen es als Einstreu, aber in Holland werden aus gepresstem Miscanthus mit Beton ganze Radewege gebaut. Hauswände sind denkbar, als Dämmmaterial taugt das Gras und zugleich kann auch aus diesem Gras ein kompostierbarer Blumentopf produziert werden. Die Zeit nach den fossilen Produktionsstoffen scheint endlich fast greifbar nah.
Um etwas zu verschnaufen, fuhren wir anschließend zu Gerolf Vöhringer und seinen Yaks auf den Göllesberg. Begrüßt werden wir dort zunächst von einem Alpenbock – einem wunderschön gemasertem blauen Käfer, der in Gerolfs Holzscheiten lebt und ab und zu Menschen anfliegt. Und auch um andere Tiere ist der Hof inzwischen reicher geworden. Neben den Yaks, die mit Kälbchen auf der Weide stehen, leben hier inzwischen ein paar Lamas, die uns freundlich gesonnen sind und nicht spucken. Und außerdem sind da noch einige Alpakas. Sie grunzen vertraulich und ich verliebe mich sofort in einen Wuschel.
Am späten Nachmittag besuchten wir dann noch Peter Stütz und seine Werkstatt Thope Bikes in Ohnastetten. Stütz verkauft hier auch Räder, deren Rahmen in Ghana aus Bambus gefertigt werden. Die Firma my Boo, die diese Fahrrad-Werkstätten initiiert hat, baut inzwischen auch eine Schule vor Ort in Afrika, um den Kindern ihrer dortigen Mitarbeiter:innen gute Bildung zu ermöglichen. Die in Ghana gefertigten Rahmen kommen per Schiff nach Kiel und werden dort bei my Boo zu vollständigen Rädern gemacht. Das E-Bike aus Bambus sieht fast aus, wie ein Rad, das Fred Feuerstein gefallen hätte. Aber es ist definitiv nicht steinzeitlich, sondern liegt ganz im Trend. Und es fährt sich wirklich saubequem.