Es war ein wirklich interessanter Nachmittag. In der ersten öffentlichen Anhörung ging es um das Gesetz, mit dem wir den Mindestlohn zum 1. Oktober auf 12 Euro erhöhen wollen. Gleichzeitig werden die Minijobs auf 520 Euro erhöht, was nicht wirklich unser Herzensanliegen war. Danach war noch die Anhörung zum Sanktionsmoratorium, das wir in den Koalitionsvertrag hinein verhandelt haben. In beiden Anhörungen ging es sehr kontrovers zu.
Die einen Sachverständigten begrüßten die Erhöhung des Mindestlohns. Gerade die heutigen Inflationsraten von sechs bis acht Prozent werden langfristig auch weitere Erhöhungen des Mindestlohns beeinflussen, erklärte der Soziologe Prof. Dr. Gerhard Bosch. Er ist davon überzeugt, dass der Mindestlohn gerade vor dem Hintergrund der Inflation nicht, wie es der Gesetzesentwurf vorsieht, alle zwei Jahre sondern dringend jedes Jahr angepasst werden müsse. Sechs bis sieben Millionen Menschen werden von der Erhöhung des Mindestlohns profitieren. Und das ist gut so. Darunter sind rund 3,5 Millionen Frauen – das sind immerhin 20 Prozent aller weiblichen Beschäftigten! Viele von ihnen arbeiten in der Gastronomie oder in Hotels. In dieser Branche werden zwei Drittel der Beschäftigten von einem höheren Mindestlohn profitieren.
Sachverständige aus der Wirtschaft kritisierten dagegen erwartungsgemäß die Erhöhung des Mindestlohns, sind hingegen sehr zufrieden damit, dass die Verdienstgrenze bei den Minijobs auf 520 Euro angehoben werden soll. Wir sind über diese Erhöhung nicht glücklich. Doch ohne diese bittere Pille hätten wir in der Ampel die Erhöhung des Mindestlohns nicht erreicht. Dabei gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund für eine Erhöhung der Verdienstgrenze im Minijob. Das sieht Carsten Sieling von der Arbeitnehmerkammer Bremen so. Denn durch die Erhöhung der Verdienstgrenze werden jetzt mehr Beschäftigte zu Minijobber:innen, die bisher noch sozialversicherungspflichtig im Midijob gearbeitet haben.
Bei der Anhörung zum Sanktionsmoratorium war es ähnlich. Die Sachverständigen der Union haben das Sanktionsmoratorium kritisiert. Unsere Sachverständigen haben das Vorhaben als überfällig und gut beurteilt. Wenn es um Sanktionen geht, dann wird es immer ein Stück weit emotional. Für mich wird dabei immer auch deutlich, wie unterschiedlich das Menschenbild ist.