Die Regelsätze in der Grundsicherung sind seit Jahren viel zu niedrig und nicht existenzsichernd. Die Bundesregierung hätte in diesem Jahr die Möglichkeit gehabt, die Berechnung der Regelsätze neu zu strukturieren. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist allerdings enttäuschend und wird am grundsätzlichen Problem nichts ändern. Das kritisieren wir und deshalb haben wir ein neues Berechnungssystem vorgelegt.
Über 7 Millionen Menschen in Deutschland, die auf Hartz IV oder Grundsicherung im Alter angewiesen sind, dürfen wieder nicht auf eine Verbesserung ihrer Situation hoffen. Sie müssen von Regelsätzen leben, die so kleingerechnet sind, dass soziale und kulturelle Teilhabe schlicht nicht möglich ist. Bei der Berechnung der Regelsätze zieht die Bundesregierung die unteren 15 Prozent der Haushalte als Referenz heran. Sie übersieht dabei aber, dass diese Haushalte aufgrund verdeckter Armut häufig von weniger als dem gesetzlichen Existenzminimum leben. Nachträgliche und willkürliche Streichungen verschlimmern die Situation. Demnach brauchen die Menschen weder Regenschirme noch Schnittblumen, Kinder sollen sich bitte ohne Malstifte und ohne Eis im Sommer begnügen. Mobiltelefone sind zwar seit Jahren gesellschaftlicher Standard, werden aber erst in der jetzigen Neuberechnung berücksichtigt. Der Regelsatz für Erwachsene soll nun um ganze 14 Euro auf 446 Euro steigen. Für kleine Kinder und Jugendliche ab 14 Jahren steigt er zwar kräftiger (+33, +45 Euro), ist aber bei weitem nicht ausreichend, um Kinderarmut zu verhindern.
Diese Berechnungsmethode wird seit Jahren von Sozialverbänden, Gewerkschaften und der Wissenschaft kritisiert. Auch wir Grüne fordern, dieser undurchsichtigen und willkürlichen Berechnung ein Ende zu setzen. Besonders die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie knapp die Grundsicherung bemessen ist. Bei steigenden Lebensmittelpreisen, plötzlichen Mehrbedarfen und ohne unterstützende Hilfen können die Menschen teils grundlegende Bedürfnisse nicht mehr decken. Wir – die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen – hat daher ein eigenes Konzept für eine Regelsatzberechnung vorgelegt. Wir fordern ein Modell, das Teilhabe garantiert und statistisch sauber gerechnet wird – ohne nachträgliche Streichungen und mit der Maßgabe, den Abstand zur gesellschaftlichen Mitte nicht zu groß werden zu lassen. Nach dieser Berechnung würde der Regelsatz für Erwachsene derzeit bei 603 Euro im Monat liegen. Diese Erhöhung ist schrittweise möglich und dafür setzen wir uns ein.
Antrag: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben garantieren – Regelbedarfsermittlung reformieren