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13.01.2024

Bauernproteste: Mahnfeuer in Steingebronn

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Der Kreisbauernverband hatte mich zum Mahnfeuer eingeladen. 70 Traktoren machten den Abend taghell. Es war kein einfacher Termin und doch ist mir der Austausch wichtig. Manche haben mich nur niedergeschrien. Andere hörten einfach nur zu. Einige wenige haben am Ende meiner Rede geklatscht. In den Berichten ging es vor allem um die Kritik der Landwirte und weniger um meine Gedanken, meine Kritik an der jahrzehntelangen verfehlten Landwirtschaftspolitik oder um unsere grünen Ziele, die Marktmacht, die Verhandlungsposition der Landwirt:innen zu verbessern. Deshalb kann meine Rede hier nachgelesen werden.

Meine Rede – es gilt das gesprochene Wort:

Liebe Bäuerinnen und Bauern,

ich mich ganz herzlich beim Bauernverband bedanken, dass ich heute bei diesem Mahnfeuer reden darf.

Reden, zuhören, verstehen – das ist mir wichtig. Deshalb bin ich auch seit vielen Jahren mit meiner Albtour im Landkreis unterwegs. Zuhören, verstehen – das haben wir auch als grüne Bundestagsfraktion gemacht als die Sparpläne vor Weihnachten bekannt wurden. Und dabei war schnell klar, dass die Kürzungen bei der KfZ-Steuer und beim Agrardiesel – zusammen – zu viel waren. 1 Prozent der Bevölkerung – das ist der Anteil der Landwirte –  sollten 6 Prozent  der Einsparungen abfedern. Das geht nicht. Das war ein Fehler und das haben wir als grüne Bundestagsfraktion auch kritisiert.

Und wer die Kürzungen als Erster öffentlich kritisiert hat, das war Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Und er hat Verbesserungen bei den 2. Verhandlungen durchgesetzt. Das Ergebnis ist bekannt: Die grünen Nummernschilder bleiben. Und die Steuerbefreiung beim Agrardiesel wird gestreckt und langsam abgeschmolzen.

Ich weiß – der Bauernverband und die Landwirte wollen gar keine Kürzungen. Aber Fakt ist, dass der Bund an allen Ecken und Enden sparen muss. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat ein großes Loch von 60 Mrd. in den Haushalt gerissen. Deswegen müssen alle –  auch alle Branchen – einen Beitrag leisten. Für die Landwirtschaft sind das nach unseren Berechnungen rund 220 Mio im Jahr 2024. Zum Vergleich: in meinem Bereich „Arbeit“ gehen die Einsparungen in Richtung 2 Mrd. Euro

Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass uns Grünen solche pauschale Einsparungen überhaupt nicht gefallen. Wir würden gerne die Schuldenbremse reformieren – nicht abschaffen, aber öffnen für Investitionen. Dann gäbe es mehr Spielräume im regulären Haushalt. Und gleichzeitig wären die dringend notwendigen Investitionen möglich in Bildung, Mobilität, Sanierung von Brücken,  Klimaschutz, ganz aktuell Hochwasserschutz und natürlich in die Landwirtschaft. Das ist aber politisch gerade nicht möglich. Wir haben dafür keine Mehrheit. Insbesondere die Union müsste hier auch Verantwortung übernehmen, weil die Schuldenbremse nur mit einer 2/3-Mehrheit im Bundestag verändert werden kann. Das lehnt die CDU aber ab.

Wir haben gerade also viel zu diskutieren in dieser ganz besonderen Zeit mit einem Krieg in der Ukraine, mit der damit verbundenen Inflation und mit der Klimakrise. Vor diesem Hintergrund müssen wir um die besten Konzepte und Ideen streiten – in der Politik und in der Gesellschaft. Diese Auseinandersetzung muss aber auf dem Boden der Verfassung geführt werden. Drohungen, Gewalt, Galgen oder so Bilder wie auf der Fähre mit Robert Habeck, die darf es nicht geben. Das spaltet unsere Gesellschaft und macht unser Land kaputt. Deshalb bin ich dem Bauernverband sehr dankbar für die klare Distanzierung.

Aber zurück zur Landwirtschaft: Die Landwirtschaft ist uns wichtig. Wir wollen die bäuerlichen Betriebe stärken und dazu gehört ganz zentral ein faires Einkommen. Denn wir  brauchen die Landwirtschaft. Sie versorgt uns mit guten und gesunden Lebensmittel. Doch die Wertschätzung fehlt – nicht zuletzt an der Kasse im Supermarkt. Und daran ändert auch nichts, dass sich viele Menschen gerade mit den Protesten solidarisieren. An der Superkasse wird die Wertschätzung weiterhin fehlen. Die Landwirtschaft ist auch wichtig, wenn es um Naturschutz, Landschaftspflege  und insbesondere  Klimaschutz geht – zumal die Landwirtschaft von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen ist. Die Stichworte sind bekannt, beispielsweise Trockenheit oder Extremwetterlagen.

Die Proteste richten sich gegen die Kürzungen beim Agrardiesel, aber eigentlich geht es doch um ganz andere Themen. Es geht um eine Unzufriedenheit, die nicht durch 2 Jahre Ampel, sondern über viele Jahre, auch durch die Vorgängerregierungen entstanden ist. Es geht um die Strukturen und die waren und sind problematisch. „Wachse oder weiche“, niedrige Preise und Massenproduktion, nicht hier,  aber in anderen Bundesländern – das war der falsche Weg. Sonst hätten nicht allein in den Jahren 2005 bis 2021 rund 140.000 Höfe die Landwirtschaft aufgegeben.

Die Strukturen müssen endlich verändert werden: Die Marktmacht, die Verhandlungsposition der Landwirte muss endlich verbessert werden, beispielsweise gegenüber den Molkereien oder gegenüber den vier Unternehmen, die fast alle Supermärkte in Deutschland betreiben. Niemand sollte sein Produkt, seine Milch, sein Getreide oder seine Schweine unter Wert verkaufen müssen. Es geht um bessere Preise und um besseren Lohn für die harte Arbeit. Wir wollen die Gelder auch zielgenau und besser auf Klimaschutz, Tierwohl und Landschaftspflege ausrichten. Auch die Kennzeichnungspflicht werden wir weiterentwickeln. Teile der Borchert-Ergebnisse stehen im Koalitionsvertrag.

Das sind unsere Ziele. Dafür setzen wir Grüne uns ein. Hier wollen wir Reformen. Und dafür brauchen wir die Unterstützung der Landwirte und der Verbände. Und dafür möchte ich – auch heute hier in der aufgeladenen Stimmung – werben. Über diese entscheidenden Themen möchten wir weiter mit Ihnen und mit dem Bauernverband im Gespräch bleiben.

Ich sagte es am Anfang: Reden, zuhören, verstehen – das ist wichtig. Nur so funktioniert Demokratie. Nur so funktioniert Politik und nur so kommen wir zu guten Lösungen. In diesem Sinne möchte ich mich nochmals beim Bauernverband bedanken, dass ich hier reden konnte. Jetzt freue ich mich aber auf das direkte Gespräch. Vielen Dank