Mit der Kleinen Anfrage wollte ich eigentlich Informationen zu den Mischbetrieben in der Leiharbeit abfragen. Die Antworten der Bundesregierung können aber nur als „dünn“ bezeichnet werden. Interessant aber waren die am Rande abgefragten Zahlen zur Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit in Leiharbeit. Obwohl der Bundesrechnungshof letztes Jahr genau diese Vermittlungen kritisiert hatte, sind ein Jahr danach keine Korrekturen seitens der Bundesagentur für Arbeit erkennbar.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat hohe Zielvorgaben. Nach Meinung des Bundesrechnungshofs nutzen die Agenturen die Vermittlung in Leiharbeit deshalb intensiv, um diese hohen Zielvorgaben zu erreichen, ohne die besonderen Risiken der Leiharbeit, wie geringeres Einkommen und höhere Entlassungswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen. In einem Artikel der „Welt“ räumte der Vorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise, im letzten Jahr „Fehlentwicklungen“ bei der Zusammenarbeit der Arbeitsagentur mit Zeitarbeitsfirmen ein, die korrigiert werden müssen.
Unsere erneute Abfrage zur Vermittlungstätigkeit der BA lässt aber keine Korrekturen erkennen. Weiterhin waren im Jahr 2013 im Jahresdurchschnitt 30% der gemeldeten offenen Arbeitsstellen in der Leiharbeit. Und 17% der Arbeitslosen waren anschließend in der Leiharbeit tätig. Vor dem Hintergrund, dass der Anteil der Leiharbeit weiterhin bei rund 2% liegt, sind die gemeldeten Stellenangebote und die Abgänge in Leiharbeit unverhältnismäßig hoch. Nach Aussagen der Bundesregierung kann vor allem noch immer nicht differenziert werden, wie viele der Abgänge in die Leiharbeit durch die BA vermittelt wurden. Wie aber Korrekturen in der Vermittlungspraxis umgesetzt und überprüft werden können, wenn die BA ihre Vermittlungen in Leiharbeit nicht erfasst, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich erwarte, dass die Vermittlung in Leiharbeit endlich ordentlich statistisch erfasst wird, damit Veränderungen zukünftig sichtbar werden.
Die Kernaufgabe der BA ist die Vermittlung in Arbeit und diese Vermittlung soll nachhaltig und dauerhaft erfolgen. Wenn aber rund 50% der Leiharbeitskräfte innerhalb von 3 Monaten laut BA- Statistik erneut arbeitslos sind und wieder vor der Tür der BA stehen, dann ist das für mich nicht nachhaltig. Die von der BA selbst identifizierten Fehlentwicklungen brauchen endlich eine ernsthafte Antwort. Ziel muss sein, dass die BA die Erwerbslosen in langfristige Beschäftigungsverhältnisse vermittelt. Die Menschen sollen von ihrer Arbeit leben können und insbesondere mehr Lebensplanung erhalten.
Und jetzt noch einige Worte zum etwas schwierigen Thema „Mischbetriebe“. Es gibt reine Leiharbeitsbetriebe und Betriebe mit unterschiedlichen Betriebszwecken, die auch Arbeitnehmerüberlassung betreiben – die sogenannten Mischbetriebe. In der öffentlichen Diskussion spielen diese Mischbetriebe und hier insbesondere die Betriebe, die nicht überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben, aber nur eine sehr untergeordnete Rolle. Über sie sind nur wenige Fakten bekannt. Das ist insofern erstaunlich, da im „Elften Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)“ nachzulesen ist, dass Mängel bei der Anwendung tarifrechtlicher Regelungen vermehrt bei Verleihbetrieben, die nicht überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben, und bei Mischbetrieben festgestellt wurden. Deshalb habe ich mit einer Kleinen Anfrage Daten zu den „Mischbetrieben“ abgefragt.
Die Antworten der Bundesregierung zeigen aber, dass die BA trotz der im 11.Bericht beschriebenen Problemlage auch bei den Mischbetrieben kaum Daten erfasst. Als nicht akzeptabel muss vor allem bewertet werden, dass die Bundesregierung keinerlei Kenntnis darüber hat, wie häufig Mischbetriebe die Beschäftigten nach Leiharbeitstarif entlohnen. Stattdessen schreibt die Bundesregierung lapidar, dass Mischbetriebe nach AÜG „durch Anwendung eines Tarifvertrages der Arbeitnehmerüberlassung bzw. Zeitarbeit abweichen können, wenn sie unter dessen räumlichen, fach-betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich fallen.“ An dieser Stelle ist die Bundesregierung entweder unwissend oder aber sie verschweigt bewusst die Ausführungen in der „Geschäftsanweisung zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Stand: April 2013“. Denn dort steht sinngemäß: Es ist regelmäßig davon auszugehen kann, dass nur solche Mischbetriebe die niedriger entlohnenden Leiharbeitstarifverträge anwenden können, die auch arbeitszeitlich überwiegend Arbeitnehmerüberlassung betreiben. Es gilt also das so genannte Überwiegensprinzip und das greift eben nicht, wenn Mischbetriebe nicht überwiegend Leiharbeit betreiben. Anscheinend herrscht hier Unklarheit und dies ist der Grund, der bei Mischbetrieben häufig zu Verstößen gegen tarifrechtliche Regelungen führt. Diese Problemlage wurde im 11. Bericht klar und deutlich beschrieben. Das führte aber weder zu Konsequenzen noch zeigt die schwarz-rote Bundesregierung ein Problembewusstsein. Das ist nicht akzeptabel, denn sie trägt die Verantwortung, dass auch die bei Mischbetrieben angestellten Leiharbeitskräfte fair behandelt werden. Sie müssen wie die Stammbelegschaften entlohnt werden.
Auch die Antworten zu den Kontrollen sind ernüchternd. Leiharbeitsfirmen werden vor der ersten Verlängerung der Erlaubnis, vor einer unbefristeten Erlaubnis und im 5-Jahres-Rhythmus geprüft. Ich bleibe bei meiner grundsätzlichen Kritik: Kontrollen, die in dieser Form vorhersehbar sind und in solch langen Abständen erfolgen, sind nicht effektiv. Und wenn dann noch laut Bundesregierung die Verstöße gegen tarifrechtliche Regelungen nicht statistisch erfasst werden und damit keine Aussagen über die Häufigkeit der Verstöße bei Mischbetrieben möglich sind, dann zeigt dies deutlich, dass die korrekte Bezahlung von Leiharbeitskräften zu wenig im Fokus steht. Kontrollen müssen Grauzonen und Problemfelder besonders stark in den Blick nehmen, nur so wird die Bundesregierung ihrer besonderen Schutzverantwortung für die Leiharbeitskräfte gerecht.