MdL Hailfinger kritisiert den Vorschlag eines Steuerbonus für ausländische Fachkräfte, lässt dabei jedoch differenzierte Argumente vermissen. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels, den die CDU in ihrer Regierungszeit nicht ausreichend adressiert hat, wäre eine sachliche Debatte dringend nötig. Stattdessen verbindet er die Diskussion mit Vorurteilen gegenüber Migrant:innen und der Grundsicherung. Solche undifferenzierten Beiträge erschweren die verantwortungsvolle Suche nach Lösungen – und das sollte niemand wollen.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Ungenauigkeit MdL Hailfinger bei seinem Leserbrief »Absurder Höhepunkt« vom 13. Juli lamentiert. Echte Argumente kennt der Mann nicht. Stattdessen fällt er undifferenziert über den Vorschlag eines Steuerbonus für ausländische Fachkräfte her. Dabei sollte er als Arbeitsmarktpolitiker doch wissen, dass unsere europäischen Nachbarn Fachkräfte mit so einem Bonus aus dem Ausland in ihre Länder locken. Bei diesem Thema müssen gerade verschiedene Möglichkeiten diskutiert werden. Und zwar weil seine Partei – die CDU – in den vielen Jahren ihrer Regierungsverantwortung den drohenden Fach- und Arbeitskräftemangel einfach verschlafen hat und rein gar nichts dagegen unternommen hat.
Ungenau ist er auch, weil er suggeriert, bei diesem Thema sei alles klar. Bisher ist da noch kein Gesetz beschlossen – es wird nur diskutiert. Auch ich habe beispielsweise in bundesweiten Medien meine Bedenken gegen den Steuerbonus geäußert. Eine sachliche und unaufgeregte Diskussion ist hier mehr als angebracht. Nicht aber solch ein undifferenziertes Lamento.
Hailfinger geht aber noch weiter, wenn er die Debatte um den Fachkräftemangel mit der Grundsicherung verbindet und ausländische Menschen als Profiteure unseres Sozialstaats darstellt. Hilfreich und verantwortungsvoll wäre bei diesem Thema ein differenzierter Blick. 44 Prozent der Menschen, die Grundsicherung beziehen und arbeitslos sind, haben einen Migrationshintergrund. Die Menschen aber haben ganz unterschiedliche Geschichten. Das sind Menschen aus der EU, die durch die Freizügigkeit kommen. Es sind Menschen, die hier Asyl erhalten haben. Bei ihnen führen noch immer Beschäftigungsverbote, lange Asylverfahren, Wohnortauflagen dazu, dass sie nicht sofort Arbeit finden. Die Erwerbsquote dieser geflüchteten Männer liegt dennoch nach 8 Jahren bei 86 Prozent. Bei deutschen Männern sind das 81 Prozent.
Ein relevanter Teil der Erwerbslosen kommt aus der Ukraine und ist vor dem russischen Angriffskrieg geflohen. In der Mehrheit sind das Frauen, die mit ihren Kindern gekommen sind und jetzt alleinerziehend sind. Herrn Hailfinger sollte als sogenannter Arbeitsmarktexperte bekannt sein, dass Alleinerziehende in unserem Land aufgrund der unzureichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten sehr große Schwierigkeiten haben, in Arbeit zu kommen. Aber das alles ficht den CDU-Politiker nicht an.
Er schlägt sich mit seinen Argumenten auf die Seite der von ihm beschworenen Extremisten und wird so selbst zum Brandstifter und Brandbeschleuniger. Es ist wirklich fraglich, wie die Union mit dieser AfD-Nähe in Berlin wieder Regierungsverantwortung übernehmen will.
Beate Müller-Gemmeke MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Pliezhausen