Die Union entwickelt sich mehr und mehr zu einer Partei der Populisten und Scharfmacher. Und sie hat dabei vor allem ein Thema: das Bürgergeld. Dieses Wochenende war wieder einmal CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann als Populist unterwegs. Wie der Mann auf die Idee kommt, dass 100.000 Menschen im Bürgergeld nicht bereit sind zu arbeiten, bleibt allerdings völlig schleierhaft. Linnemann sollte sich erst einmal informieren, bevor er undifferenziert irgendwelche Zahlen heraushaut.
Tatsächlich beziehen bei uns zurzeit rund 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. Das klingt erst einmal viel, aber allein mindestens 1,6 Millionen von ihnen sind Kinder und Jugendliche, die gar nicht „erwerbsfähig“ sind. Von den verbliebenen knapp vier Millionen Menschen sind etwa zwei Millionen gar nicht arbeitslos, sondern arbeiten und verdienen so wenig, dass sie mit Bürgergeld aufstocken müssen. Außerdem machen sie Fort- und Weiterbildungen und stehen dem Arbeitsmarkt daher gar nicht zur Verfügung, oder sie erziehen kleine Kinder oder pflege ihre alten Eltern. Von den verbliebenen rund 1,7 Millionen Menschen, die tatsächlich arbeitslos sind, wurden bisher maximal 1 Prozent sanktioniert, weil sie Termine nicht einhielten oder sich weigerten, eine Arbeit aufzunehmen. Das macht 17.000 Menschen. Wo Linnemann die weiteren 83.000 Menschen her hat, denen er das Bürgergeld entziehen will, bleibt ein nebulöses unlösbares Rätsel. Damit steht er der AfD in nichts nach, denn auch diese Partei argumentiert gerne undifferenziert, indem sie einfach Zahlen in den Raum stellt, die nicht zu belegen sind.
Frauen mit Kindern will CDU-Mann Linnemann von seinen Bürgergeldstreichungen netterweise ausnehmen. Doch Alleinerziehende mit kleinen Kindern gelten im Bürgergeld gar nicht als arbeitslos. Außerdem sollte Linnemann bekannt sein, dass Alleinerziehende in unserem Land aufgrund der unzureichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten große Schwierigkeiten haben, in Arbeit zu kommen. Das gilt insbesondere für die mehrheitlich weiblichen Geflüchteten aus der Ukraine. Aber das ficht den CDU-Politiker nicht an. Er macht einfach weiter mit der Hetze gegen Menschen im Bürgergeld. Denn er stellt sie einfach unter Generalverdacht. Es ist fraglich, wie die Union mit diesem Populismus in Berlin wieder ernst zu nehmende Regierungsverantwortung übernehmen will.
PM zu Linnemann und Bürgergeld