Die Meseberger Kabinettsklausur war umsonst, denn die Regierung setzt weiterhin nur auf Flexibilität beim Arbeitsmarkt. Das sind alte Kamellen. Der Mensch muss endlich im Mittelpunkt stehen und die Gefahr einer Vereinzelung der Arbeitskraft muss verhindert werden. Erforderlich sind vielmehr neue kollektive Regelungen für die Arbeit 4.0!
Zu dem Treffen des Kabinetts im brandenburgischen Meseberg, bei dem das Thema Digitalisierung ganz oben auf der Agenda stand, erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte:
Die Bundesregierung schüttet alten Wein in neue Schläuche, wenn sie bei der Digitalisierung der Arbeitswelt ausschließlich auf Flexibilisierung setzt. Denn diese Art von Flexibilität ist heute längst erreicht und zwar zu Lasten der Beschäftigten. Arbeitszeiten verlängern sich durch Smartphones und Tablets bis in den Feierabend hinein. Nachtarbeit hat in den vergangenen Jahrzehnten wieder zugenommen. Und ein Blick in den Einzelhandel genügt, um zu sehen, wie häufig inzwischen bis Mitternacht oder selbst am Sonntag gearbeitet wird.
Besonderes Augenmerk muss daher auf die Beschäftigungseffekte und die Beschäftigungs-bedingungen der Digitalisierung gelegt werden. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Denn die fortschreitende Digitalisierung eröffnet sicher neue Chancen, sie birgt aber auch große soziale Risiken. In einer stärker digitalisierten Arbeitswelt entstehen neue Arbeitsformen. Arbeit kann selbstbestimmter werden, durch ein Mehr an räumlichen und zeitlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wird Arbeit sich aber auch noch mehr verdichten, und die Grenzen zwischen Arbeit und privatem Leben werden stärker verschwimmen. Vor allem drohen neue Formen prekärer Arbeit. Gleichzeitig kann die Transparenz der digitalen Arbeit zu einem Instrument der Überwachung werden.
Die Digitalisierung wird voraussichtlich zu neuen Formen der Selbständigkeit im Dienstleistungsbereich führen, mit denen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verdrängt wird. So gibt es schon heute für Crowdworker, die auf digitalen Plattformen arbeiten, keinerlei Mindestarbeitsbedingungen und keinen tariflichen Schutz. Sie sind der Willkür des digitalen Marktes ausgesetzt. Hier muss Politik vorausschauend tätig werden.
Die Digitalisierung darf auch nicht dazu führen, dass sich die Arbeitswelt immer stärker individualisiert und alle nur noch für sich alleine kämpfen. Notwendig sind daher neue kollektive Regelungen zum Schutz der Beschäftigten, andere Formen der Mitbestimmung und ein Beschäftigtendatenschutz, der die Risiken der digitalen Arbeitswelt im Blick hat.