Am Freitag haben wir im Bundestag über Minijobs diskutiert. Das Thema ist aktuell, denn zu Beginn der Corona-Pandemie haben die Beschäftigten im Minijob als Erste ihren Arbeitsplatz verloren. Sie bekommen aber weder Kurzarbeitergeld noch Arbeitslosengeld. Sie sind also nicht sozial abgesichert. Es gibt auch viele andere Nachteile bei den Minijobs. Deshalb wollen wir die Minijobs sozialversicherungspflichtig machen. Arbeit muss gut sein und Arbeit soll sozial absichern und das muss auch für kleine Jobs gelten.
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Die nächste Rednerin ist die Kollegin Beate Müller-Gemmeke von Bündnis 90/Die Grünen.
Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Beschäftigten in Minijobs haben am Anfang der Corona-Pandemie als Erste ihren Arbeitsplatz verloren. Weil der Minijob keine normale Beschäftigung ist, werden sie weder durch Kurzarbeitergeld noch durch Arbeitslosengeld aufgefangen. Wer in einem Minijob arbeitet, ist also in keiner Weise sozial abgesichert. Deshalb fordern wir Grüne genauso wie Die Linke mit ihrem Antrag heute, dass die Minijobs sozialversicherungspflichtig werden. Auch Beschäftigte in kleinen Jobs müssen ordentlich abgesichert sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Minijobs haben noch viele andere Nachteile, die schon lange bekannt sind. Und dass vor allem Frauen davon betroffen sind, das wissen wir auch. Diese Nachteile hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bei einer Anhörung auf den Punkt gebracht – übrigens zu einem fast identischen Antrag der FDP. Beschäftigte im Minijob sind häufig befristet. Sie haben häufig keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Sie haben keine vertragliche Arbeitszeit. Es ist häufig Arbeit auf Abruf. Viele bekommen keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auch keinen bezahlten Urlaub. Außerdem verdrängen Minijobs sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Das alles dürfen wir nicht zulassen. Deshalb wollen wir die Minijobs nicht ausweiten – wie die FDP -, sondern sozialversicherungspflichtig machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))
Wir fordern also eine Reform. Interessant wird es aber, wenn es darum geht, wie diese Reform aussehen soll. Bekommen die Beschäftigten, die 200 Euro verdienen, bei sehr geringen Beiträgen gleich den gesamten Krankenversicherungsschutz? Zahlen die Beschäftigten sofort die kompletten Sozialversicherungsbeiträge, egal wie viel sie verdienen? Hier braucht es ein gutes, ein gerechtes und ein umsetzbares Konzept. Im Antrag der Linken fehlt es leider. Solch ein Konzept ist aber notwendig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Antrag der Linken geht es auch um den Mindestlohn, der auf 12 Euro erhöht werden soll. Das ist bekannt. Das wollen wir auch. Es gibt auch die Forderung, dass Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können; auch hier sind wir uns einig, auch das fordern wir schon lange.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann gibt es noch die Forderung, dass es eine Mindeststundenzahl von 22 Stunden pro Woche geben soll. Diese Forderung lehnen wir ab. Abgesehen davon, dass das überhaupt nicht praktikabel ist, wollen wir die Menschen nicht einschränken. Sie sollen schon selber entscheiden, wie viel sie arbeiten wollen und können.
(Susanne Ferschl (DIE LINKE): Können sie ja! Lesen!)
Stattdessen fordern wir – und das sage ich immer und immer wieder – echte Zeitsouveränität für die Beschäftigten durch Einflussnahme auf die Dauer, die Lage und den Ort ihrer Arbeit. Arbeit muss ins Leben passen. Arbeit soll vor allem gut sein. Arbeit soll auch sozial absichern. Genau so muss es sein, auch bei kleinen Jobs.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)